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Landschaft Welle
23.11.2017

Gehölzpflegemaßnahmen fördern Artenreichtum

Landschaftserhaltungsverband und Landratsamt organisieren Pflege von Gehölzen und fördern so den Erhalt wichtiger Lebensräume

Vielerorts im Landkreis Calw fällt derzeit auf, dass Gehölze zurückgeschnitten oder entfernt werden. Dass solche Gehölzpflegemaßnahmen gerade im Winterhalbjahr stattfinden, hat einen einfachen Grund: Der Rückschnitt von Gehölzen darf nach Bundesnaturschutzgesetz zum Schutz der Vogelwelt sowie von anderen Kleinlebewesen nur in der Zeit von 1. Oktober bis Ende Februar erfolgen. Mit Beginn der Brut- und Aufzuchtzeit Anfang März dürfen Gehölze nur noch in Ausnahmefällen gepflegt werden. Ausgenommen davon sind unter anderem forstwirtschaftliche Arbeiten sowie der pflegende Obstbaumschnitt.

Organisiert werden viele der aktuell stattfindenden Pflegemaßnahmen vom Landschaftserhaltungsverband Landkreis Calw und der Abteilung Landwirtschaft und Naturschutz des Landratsamts Calw. Ausgeführt werden sie zumeist von örtlichen Landwirten oder Landschaftspflegern. Gemeinsam leisten diese damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt zahlreicher Lebensräume und Arten.

Feldhecken und Feldgehölze gliedern seit jeher nicht nur das Landschaftsbild im Landkreis Calw, sondern erfüllen auch wichtige ökologische Funktionen. Für viele Pflanzen und Tiere sind Feldhecken und Feldgehölze wichtige Lebensräume. Sie stellen Nistmöglichkeiten und Rückzugsräume zur Verfügung, liefern Nahrung und bieten Schutz. Um diese Funktionen einer Hecke langfristig zu erhalten, bedarf es jedoch einer regelmäßigen und fachgerechten Pflege.

Der Landschaftserhaltungsverband setzt dabei auf das sogenannte „abschnittsweise Auf-den-Stock-Setzen“ der Hecken. Dabei werden sämtliche Gehölze eines 25 bis 30 Meter langen Heckenabschnitts in etwa 10 bis 30 Zentimeter Höhe glatt abgeschnitten und das Schnittgut aus der Hecke entfernt. Auch wenn der Eingriff für Laien auf den ersten Blick rigoros erscheint, so erholen sich die Gehölze in den Pflegeabschnitten rasch und erfüllen dann nach wenigen Jahren wieder ihre Funktionen.

„Die meisten Gehölze, die in unseren Hecken vorkommen, verkraften einen radikalen Rückschnitt gut. Das war auch bei der traditionellen Heckennutzung in früheren Zeiten so, als Hecken zum Beispiel zur Brennholzgewinnung genutzt wurden“, erläutert Philipp Beck, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Landkreis Calw, das Vorgehen. „Außerdem achten wir immer darauf, dass ausreichend große Abschnitte einer Hecke nicht zurückgeschnitten werden, um den Tieren weiterhin jederzeit genügend Rückzugs- und Lebensräume zu bieten“, so Beck weiter.

Eine Besonderheit stellen im Landkreis Calw die Lesesteinriegel dar, die auch in diesem Winter wieder ein wesentlicher Schwerpunkt der Heckenpflegemaßnahmen sind. Entstanden sind Lesesteinriegel durch das Absammeln von Steinen auf Äckern und deren Aufhäufung am Feldrand. Über Jahrhunderte sind so große Steinwälle entstanden, die vor allem für wärmeliebende Reptilien wichtige Lebensräume darstellen. Da in den letzten Jahrzehnten kaum noch neue Steine aufgehäuft wurden, haben sich auf den alten Steinriegeln Gehölze gebildet, die nun Schatten werfen. Wie Beck hervorhebt, profitieren Eidechsen und Schlingnattern enorm von den Heckenpflegemaßnahmen, wenn die darunter liegenden Steinriegel oder auch Trockenmauern wieder besonnt werden.

Hecken und Feldgehölze dürfen sich nach der Pflege normalerweise wieder ungestört entwickeln. An manchen Stellen werden jedoch auch Gehölze dauerhaft entfernt. Auch das hat einen naturschutzfachlichen Hintergrund: Vor allem in den Schwarzwaldtälern breiten sich durch den Rückzug der traditionellen Landwirtschaft an ungünstigen Standorten zunehmend Gehölze aus und verdrängen so wichtige Arten und Lebensräume des Offenlands. Darunter fallen zum Beispiel die für unsere Region typischen blumenbunten Wiesen, die zu den artenreichsten Lebensräumen zählen. Um diese zu schützen und die Offenhaltung sicherzustellen, ist es mancherorts auch erforderlich Gehölze dauerhaft zu entfernen. Beck betont, dass dies jedoch stets in enger Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden stattfindet und außerdem immer darauf geachtet wird, dass in der Umgebung auch die typischen Gehölzbewohner weiterhin ausreichend Rückzugsmöglichkeiten finden.

Finanziert werden die derzeit stattfindenden Pflegemaßnahmen überwiegend über Landesmittel. Aus dem Fördertopf der „Landschaftspflegerichtlinie“ werden die Mittel von der Unteren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Karlsruhe beantragt und dann gezielt für Projekte im Landkreis eingesetzt. Aber auch Vereine und Gemeinden haben in der Vergangenheit die Möglichkeit genutzt, Förderanträge zu stellen. Für viele Landwirte stellen Pflegemaßnahmen im Winterhalbjahr ein wichtiges zusätzliches Einkommen dar. Gehölzpflege fördert also nicht nur die Artenvielfalt, sondern trägt gleichzeitig auch zum Erhalt unserer typischen Kulturlandschaft bei und stärkt die heimische Landwirtschaft.

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