Direkt zu:
Landschaft Welle
18.05.2022

Streuobstwiesen sind geschützt

Umwandlung von Streuobstwiesen muss genehmigt werden 

Aktuell blühen wieder die Obstbäume auf den Obstwiesen und prägen die Landschaft im Kreis Calw. Streuobstbestände sind eine einzigartige, historisch entstandene Form des Obstbaus. Charakteristisch sind starkwüchsige, hochstämmige und großkronige Obstbäume, die in lockeren Beständen stehen und das Landschaftsbild prägen. Meist setzen sich diese aus Obstbäumen verschiedener Arten, Sorten und Altersklassen zusammen und gehören zu den artenreichsten Landnutzungsformen Europas. Charakteristisch für Streuobstbestände ist auch die Nutzung des Unterwuchses durch Mahd oder durch Beweidung.

In den letzten 50 Jahren sind die Streuobstwiesen stark zurückgegangen. Als Hauptursache gilt die Ausdehnung der Siedlungs- und Verkehrsflächen. Außerdem sind die Erlöse beim Verkauf des Obstes oder der daraus hergestellten Produkte gering.

Die verbliebenen Streuobstbestände sind häufig überaltert oder werden nicht mehr gepflegt bzw. bewirtschaftet. Obsthochstämme sind Kulturpflanzen und benötigen eine regelmäßige Pflege, ansonsten vergreisen die Bäume. Wenn nicht mehr gemäht wird, führt dies zu einer Verbuschung der Fläche, aber auch eine häufige Mahd mit dem Rasenmäher reduziert die Artenvielfalt.

In Streuobstwiesen kommen zahlreiche gefährdete Brutvogelarten vor, die auf die halboffenen Lebensräume der Streuobstwiesen angewiesen sind. Viele von ihnen brüten in den Höhlen der alten, knorrigen Obstbäume und nutzen diese als Sing- oder Ansitzwarten. Schätzungen zufolge weist Baden-Württemberg die größten zusammenhängenden Streuobstbestände Europas auf. Im Landkreis Calw gibt es ca. 70.000 Obsthochstämme.

Seit dem 31.07.2020 gilt mit der Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes in Baden-Württemberg ein Erhaltungsgebot für Streuobstbestände ab einer Größe von 1.500 m². In einem flächigen Streuobstwiesenbestand darf auch ein Weg oder eine Freifläche dazwischen liegen. Der Weg oder die Freifläche zählen in diesem Fall quasi zum Streuobstwiesenbestand und werden bei dessen Größenermittlung nicht in Abzug gebracht.

Einzelne Bäume zu roden und durch Jungbäume zu ersetzen ist nach wie vor erlaubt. Die Rodung und Umwandlung eines Streuobstbestandes, auch einer Teilfläche, bedarf jedoch einer Genehmigung durch die untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt und ist dort entsprechend frühzeitig zu beantragen. Nach dem Naturschutzgesetz soll eine Genehmigung versagt werden, wenn die Erhaltung des Streuobstbestandes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Streuobstbestand für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder für den Erhalt der Artenvielfalt von wesentlicher Bedeutung ist. Die Rodung oder Umwandlung einer Streuobstwiese ist also nur möglich, wenn die Gründe für die Umwandlung so gewichtig sind, dass der Erhalt dahinter zurückstehen muss. Für den Fall, dass eine Genehmigung erteilt werden kann, muss ein Ausgleich durch die Anlage eines neuen Streuobstbestandes erfolgen. Zusätzlich ist meist auch die Pflege eines Altbestandes erforderlich, um dessen Lebensdauer zu verlängern – denn eine neu gepflanzte Obstwiese kann noch nicht die gleiche Funktion erfüllen wie ein älterer Baumbestand, der über Höhlen und Totholz verfügt.

Mit dem Erhaltungsgebot soll sichergestellt werden, dass weniger Streuobstwiesen, insbesondere durch Bebauung, verloren gehen und die landschaftsprägenden Streuobstwiesen auch künftig Mensch und Tier zur Verfügung stehen. Findet sich im Streuobstwiesenbestand ab und an auch mal ein absterbender Baum, ist das kein Zeichen mangelnder Pflege, sondern ein zusätzlicher guter und gern gesehener Dienst für die Artenvielfalt. Denn Totholz bietet besonders wertvolle Lebensräume für Vögel, Fledermäuse, Insekten und Pilze. Natürlich dürfen die abgestorbenen Äste keine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen.

Bildunterschrift: Für den Lebensraum Streuobstwiese gilt ein Erhaltungsgebot.

Bildquelle: Michael Eckerle, Landratsamt Calw

Kontakt

Valerie Nußbaum
Zentrale Steuerung
Pressearbeit
Vogteistraße 42-46
75365 Calw
Anfahrt
Telefon: 07051 160 645
Fax: 07051 795 645
E-Mail oder Kontaktformular