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Landschaft Welle
24.06.2022

Fachgerechte Pflege von Streuobstwiesen für die Fledermäuse entlang der Hermann-Hesse-Bahn

Kooperationsprojekt zwischen Landschaftserhaltungsverband und Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn fördert den Erhalt und die Pflege von Streuobstbeständen zum Fledermausschutz

Im Rahmen der Reaktivierung der Bahnstrecke Weil der Stadt – Calw als Bestandteil der „Hermann-Hesse-Bahn“ wurde zwischen dem Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn und dem Naturschutzbund Deutschland Landesverband Baden-Württemberg ein umfangreiches Maßnahmenpaket zum Schutz der in und an den Bestandstunneln lebenden und überwinternden Fledermausarten vereinbart. Dazu zählen unter anderem die Bechsteinfledermaus oder die Breitflügelfledermaus.

Dabei werden unter anderem verschiedene bauliche Maßnahmen umgesetzt. In den Bestandstunneln wird die sogenannte „Kammerlösung“ realisiert und im Umfeld wurden bereits zusätzliche Ersatzquartiere gebaut. Ein Großteil der Fledermaus-Maßnahmen zielt aber auf eine populationsstützende Aufwertung von Flächen im näheren Umfeld der Bahnstrecke ab. Dazu gehören neben der Neuanlage und Reaktivierung von Tümpeln auch Projekte im Wald, die den Fledermäusen mehr Lebens- und Nahrungsräume bieten sollen. Den größten Teil der Maßnahmen bildet aber die langfristige Aufwertung mehrerer großer Streuobstgebiete entlang der Bahnstrecke.

Streuobstwiesen prägen nicht nur das typische Kulturlandschaftsbild, sondern sind auch von großer Bedeutung für den Natur- und Artenschutz. Sie bieten einen unverzichtbaren Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Darunter auch zahlreiche Fledermausarten, die Streuobstwiesen bei ihrer Nahrungssuche als Jagdhabitate und alte Baumhöhlen im Sommer als Schlafplätze nutzen. Um die ökologische Funktion, aber auch die Ertragsfähigkeit der Bäume langfristig zu erhalten, bedarf es einer regelmäßigen und fachgerechten Pflege. Für Streuobstwiesenbesitzerinnen und -besitzer eine arbeitsintensive und in vielen Fällen auch selbst kaum leistbare Aufgabe.

Für die Umsetzung der zahlreichen Fledermaus-Schutzmaßnahmen wurde deshalb im vergangenen Jahr ein Kooperationsprojekt zwischen dem Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn und dem Landschaftserhaltungsverband Calw (LEV) ins Leben gerufen. Seit August 2021 betreut Constanze Heck die Umsetzung der populationsstützenden Maßnahmen entlang der Bahnstrecke. Die studierte Agrarwissenschaftlerin und ausgebildete Fachwartin für Obstbaumpflege und kümmert sich nun zunächst vorwiegend um die zu pflegenden Streuobstbestände.

Insgesamt sollen 20 Hektar Streuobstflächen in den Bereichen Althengstett, Ostelsheim und Calw aufgewertet und fachgerecht gepflegt werden. Es handelt sich um mehr als 150 Flurstücke mit über 1.000 Bestandsbäumen. Viele der potentiell geeigneten Flächen wurden bereits ausgewählt und die Grundstückseigentümer kontaktiert. „Die aktive Pflege der Obstbäume ist entscheidend, damit diese ein hohes Baumalter erreichen und wertvolle Habitatstrukturen entstehen können“, berichtet Constanze Heck. Geplant sind neben fachgerechten Pflegeschnitten bestehender und überalterter Streuobstbäume auch Neupflanzungen, um größere Lücken im Baumbestand zu schließen. Die Pflegeschnitte sollen von ausgebildeten Obstbaumfachwarten ausgeführt werden. Hier laufen derzeit Gespräche mit der Baum- und Fachwartevereinigung im Kreis Calw.

Ziel des Projekts sind mehrere große zusammenhängende Streuobstbestände, die gut gepflegte Bäume in allen Altersstrukturen aufweisen. „Insbesondere alte Bäume bieten durch den Totholzanteil vielen Insekten ein Zuhause. Diese wiederum dienen unseren Fledermäusen als attraktive Nahrungsquelle. Streuobstbäume können jedoch nur erfolgreich altern, sofern eine regelmäßige Pflege stattfindet. Ansonsten droht, dass die Bäume zu früh absterben oder bei starkem Wind umstürzen“, führt Constanze Heck weiter aus. Wichtig sei zudem, dass auch größere Lücken zwischen den Bäumen mit neuen Obstbäumen bepflanzt werden. „Wir forcieren dabei regionale und alte Obstsorten“, erklärt Heck.

Viele Eigentümer haben bereits positive Rückmeldung gegeben und freuen sich über die zukünftige Pflege ihrer Bäume. So auch Hans Necker, Landwirt aus Calw-Heumaden. „Mir liegt der Naturschutz sehr am Herzen. Die Obstbäume auf meinem Grundstück sind schon über achtzig Jahre alt. Sie sollen auch in Zukunft fortbestehen und den Fledermäusen sowie weiteren Insektenarten Lebensraum bieten. Für mich ist das Projekt eine Win-Win-Situation, denn es sichert meinen Bestand und garantiert eine fachgerechte Pflege der Bäume“, so Necker. Die Kosten der Baumpflege und Neupflanzungen werden vollständig vom Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn übernommen. Bei Neupflanzungen können Eigentümer die Obstsorten selbst auswählen. Constanze Heck legt großen Wert darauf, dass die Eigentümer ihre Flächen auch zukünftig in gewohnter Weise nutzen können: „Wir kümmern uns ausschließlich um die Pflege der Bäume. Die Obsternte kann ebenso wie die Wiesenpflege weiterhin vom Eigentümer selbst übernommen werden.“

Ab Herbst 2022 sollen die ersten Bäume einen fachgerechten Pflegeschnitt erhalten und erste Neupflanzungen stattfinden.

Bildunterschrift: Hans Necker (2. von links) hat als einer der ersten Streuobstwiesenbesitzer die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Auf dem Bild sind Constanze Heck (LEV), Hans Necker, Philipp Beck (LEV) und Kai Kübler (ZV Hermann-Hesse-Bahn) zu sehen.

Bildunterschrift: Gepflegte Streuobstbestände erreichen ein hohes Baumalter und sind Lebensräume für Fledermäuse, aber auch für weitere Tiere und Insekten.

Bildquelle: Landratsamt Calw, Janina Dinkelaker.

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