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Landschaft Welle
10.12.2021

Renaturierung der Hochmoore am Kaltenbronn

EU-Förderantrag „LIFE Natur“ durch Regierungspräsidium Karlsruhe, Forst BW, Forstliche Versuchsanstalt und Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord eingereicht

Die Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe entwickelt zusammen mit ihren Projektpartnern ein Konzept zur Renaturierung der Moore im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn. Zur Finanzierung dieser Moorschutzmaßnahmen wurde nun Ende November 2021 ein Antrag im Förderprogramm „LIFE Natur“ bei der Europäischen Union (EU) eingereicht. Der Antrag wurde durch das Regierungspräsidium gemeinsam mit der Flächeneigentümerin, der Anstalt des öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg (ForstBW), der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord gestellt. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM), als oberste Naturschutzbehörde, und das Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz (MLR), vertreten durch die Landesforstverwaltung, unterstützen den Antrag maßgeblich. Auch in der Raumschaft finden Vorhaben und Förderantrag breiten Anklang: Die Landkreise Calw und Rastatt sowie die umliegenden Kommunen Gernsbach, Bad Wildbad und Enzklösterle bestätigen die große Bedeutung der Erhaltung der Moore am Kaltenbronn und unterstützen den LIFE-Antrag.

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder freut sich: „Mit dem Antrag ist ein neuer Meilenstein für den Moorschutz im Nordschwarzwald erreicht. Dies war nur durch mehrmonatige intensive Zusammenarbeit aller Akteure möglich. Nun bleibt die Rückmeldung der EU abzuwarten“.

„Intakte Moore sind Arten- und Klimaretter. Vielen seltenen und hochspezialisierten Tieren und Pflanzen bieten sie die passenden Lebensräume und leisten so einen erheblichen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität im Land. Gleichzeitig sind gesunde Moore wichtige CO2-Senker, die wir bei unserem Kampf gegen den Klimawandel dringend benötigen. Die Renaturierung und Wiedervernässung der Moore am Kaltenbronn ist deshalb ein wichtiges Vorhaben, dessen Antrag auf EU-Förderung wir gerne unterstützen“, sagte die Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Thekla Walker MdL in Stuttgart.

„Als größter Waldbesitzer in Baden-Württemberg hat ForstBW den Schutz der Moore als eines seiner zentralen Waldnaturschutzziele verankert. Moorschutz dient dem Klimaschutz, da Moore Kohlenstoff langfristig speichern. Zum erfolgreichen Moorschutz gehört aber auch, den Bürgerinnen und Bürger die Faszination der Moore erlebbar zu machen“, so Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk MdL in Stuttgart.

Nicht nur im Sommer, auch jetzt im Winter ist der Kaltenbronn im Nordschwarzwald ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel. Was für viele Erholungssuchende und Wanderer der Inbegriff einer urtümlichen und natürlichen Moor-Landschaft ist, zeigt für Moorkundler deutliche Hinweise auf ein geschädigtes Ökosystem. Aufgrund eines großen Netzes an Entwässerungsgräben haben die Hochmoore am Kaltenbronn seit Jahrzehnten mit Wassermangel zu kämpfen. Die einst ausgedehnten, offenen Moorflächen schrumpfen seit langem und werden von Gehölzen überwachsen. Die Moore am Kaltenbronn sind daher in einem zunehmend ökologisch ungünstigen Zustand, so dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.

Ziel des „LIFE Natur“-Antrags ist die Erhaltung der ausgedehnten Moore im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn und damit auch der Schutz der Lebensräume für seine typischen Tiere- und Pflanzenarten. Die Renaturierungsmaßnahmen sollen dafür sorgen, dass das Wasser im Moor zurückgehalten wird und die andauernde Entwässerung über ein Netz aus kilometerlangen Entwässerungsgräben gestoppt wird.

Neben den konkreten Maßnahmen zum Schutz der Moore sind im „LIFE Natur“-Antrag auch Angebote zur Information für Naturinteressierte und Erholungssuchende vorgesehen. Die Bohlenstege im Wildseemoor und Hohlohsee sollen im Zuge der Arbeiten verlegt werden. Sie sind auch während der Arbeiten vor Ort durchgängig begehbar.

Bis am Kaltenbronn die Renaturierung beginnen kann, wird noch einige Zeit vergehen: Nachdem der Antrag auf Förderung durch das „LIFE Natur“-Programm nun gestellt wurde, prüft und berät die EU-Kommission die eingegangenen Anträge. Eine Entscheidung der EU wird in der Mitte 2022 erwartet. Bei einem positiven Ergebnis kann anschließend das Vorhaben weiterentwickelt und ab 2023 umgesetzt werden.

Weitere Informationen finden sich auf der Projekteseite des Regierungspräsidiums Karlsruhe: https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpk/abt5/ref56/nsg-wsg-kaltenbronn-moore/ 

Hintergrundinformationen

Was ist LIFE Natur?

LIFE (L'Instrument Financier pour l'Environnement) ist das EU-Förderprogramm welches Umweltschutzbelange fördert. Der Förderbereich "LIFE Natur und Biodiversität" dient der Erhaltung der Artenvielfalt und dem Schutz von Arten und Lebensräumen. Die EU fördert Maßnahmen bis zu 75 %. Der verbleibende Eigenanteil muss vom Antragssteller oder Ko-Finanzierern getragen werden.

Das Land Baden-Württemberg stellt regelmäßig LIFE-Anträge und hat in den letzten Jahrzehnten erfolgreich LIFE-Projekte umgesetzt. Mit einem LIFE-Projekt entsteht auch ein wichtiger Impuls in der Region. Als Leuchtturmprojekte haben LIFE-Projekte stets eine besondere nationale und europaweite Aufmerksamkeit.

Beispiele für aktuelle und abgeschlossene LIFE-Projekte in Baden-Württemberg: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/internationale-zusammenarbeit/europaeische-union/foerderprogramme/eu-foerderprogramm-life/life-natur-projekte/ 

Woher kommt der Wassermangel in den Mooren am Kaltenbronn?

Mehrere Gutachten namhafter Moorkundler bestätigen, dass der Grund für den ungünstigen Zustand der Moore am Kaltenbronn der Wassermangel wegen eines umfassenden Entwässerungssystems ist. Seit dem 18. Jahrhundert wurden Entwässerungsgräben angelegt, die bis heute wirken und Wasser aus dem Moor ableiten. Es wurden viele Kilometer lange Gräben angelegt, um die Moore trockenzulegen und für den Waldbau nutzbar zu machen. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man dann die forstwirtschaftlich nur mäßigen Erfolge und stellte die Bauarbeiten ein. Die Entwässerungsgräben bestanden jedoch fort und führen noch heute – 250 Jahre später – Wasser in die Täler ab. Die Folge ist, dass den Mooren lebensnotwendiges Wasser verloren geht und sie nach und nach trockenfallen.

Die Torfmoose vertrocknen und das Moorwachstum bleibt aus. Die Moore verlieren damit ihre wichtigen Funktionen für den Naturhaushalt. Kiefern und Fichten bewachsen zunehmend die einst offenen Moorflächen. Im Wildseemoor sind nur rund 6 %, im Hohlohmoor nur rund 3,5 % der ursprünglichen Fläche noch mehr oder minder offen. Dichtes Kiefern-Krummholzgebüsch erstreckt sich mittlerweile bis in die Zentren der Moore.

Warum sind Moore für uns Menschen wichtig?

Naturnahe Moore erfüllen wichtige Leistungen für einen intakten Naturhaushalt und sind weit mehr als nur ein Naturgenuss für Menschen. Naturnahe Moore binden beispielsweise eine große Menge an Kohlenstoff und dienen dem Klimaschutz. Weiter bieten sie Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen, die mit erstaunlichen Überlebensstrategien an die extremen Lebensverhältnisse im Moor angepasst sind und nur dort überleben können. Moore saugen außerdem Wasser wie ein Schwamm auf. Diese Speicherfunktion dient dem Hochwasserschutz, da das Wasser nur nach und nach in das umliegende Gewässersystem fließt. Moore sind außerdem Archive der Natur- und Kulturgeschichte, weil sie es ermöglichen, über Pollenanalysen Einblicke in vergangene Zeiten zu geben.

Das Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn gehört zum europäischen Naturerbe

Der Kaltenbronn ist landschaftlich sowie natur- und artenschutzfachlich eine große Besonderheit. Er ist Lebensraum einer beträchtlichen Anzahl von spezialisierten und geschützten Tier- und Pflanzenarten und steht deshalb in Teilen unter mehrfachem Schutz (Natur- und Waldschutzgebiet, Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebiet, Bannwald und Schonwald). Bereits vor etwa 100 Jahren wurden erste Schutzgebiete am Kaltenbronn ausgewiesen. Mit einer neuen Verordnung im Jahr 2000 stellten Natur- und Forstverwaltung die betreffenden Teile des Kaltenbronns dann gemeinsam unter einen umfassenden nationalen Schutz.

Das heute bestehende Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn liegt im Staatswald (ForstBW). Es umfasst den Hohlohsee und den Wildsee mit umliegenden Moorflächen und Moorwäldern und kombiniert den Schutz der Moore und des Waldes. Mit der Integration als Teil des FFH-Gebietes Kaltenbronner Enzhöhen und dem Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald in das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000, gehört es seit fast 20 Jahren auch zum europäischen Naturerbe.

Weiterführende Informationen

Faltblatt „Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn“: https://pudi.lubw.de/detailseite/-/publication/45349 

Moorschutzprogramm Baden-Württemberg mit Informationen zu Mooren, ihren Funktionen und dem Schutz: https://pudi.lubw.de/detailseite/-/publication/66926 

Lage und Verordnung des Natur- und Waldschutzgebietes Kaltenbronn

im Daten- und Kartendienst UDO „Umweltdaten und Karten Online“ sowie

im Schutzgebietsverzeichnis: https://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/ 

https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/steckbriefe 

Natura 2000 Managementplan für das FFH-Gebiet „Kaltenbronner Enzhöhen“: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/map-endfassungen 

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Bild: Blick über den Kaltenbronn mit Mooren und Wäldern (Bildautor: Landratsamt Rastatt/ Untere Forstbehörde)

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